Osward

Wir sind Osward und René und stehen heute vor euch, um unsere Geschichte zu teilen.

Wir hatten anscheinend eine naive romantische Vorstellung: ein glückliches Leben auf dem Land in Brandenburg zu führen. Ein Haus mit Garten und Obstbäume, ein Hund und Katzen in Nennhausen, Havelland. 

Wir dachten, jeder in diesem Land könne leben, wo immer man will, aber die Realität hat uns ins Gesicht geschlagen. 

Uns wurde irgendwann klar, dass Leute wie wir – queer, schwule, lesbische, trans und intersexuelle Menschen – in einem Dorf nicht so willkommen sind.

Uns wurde klar, dass es Menschen in einem Dorf gibt, die glauben, sie könnten entscheiden, wer bleiben darf, wer glücklich sein darf, wer ein friedliches Leben verdient. Und dass diese Menschen bereits dabei sind, sich zusammenzuschließen und mit allen möglichen Mitteln durch Hass ein schwules Paar zu vertreiben.

In den letzten drei Jahren wurde ich mit dem Tod bedroht, ausländerfeindlich beleidigt, mein Mann und ich wurden als “Schwuchtel Fotzen” beschimpft. Wir sollten abhauen. Wir sind in Deutschland.  Als ein schwules binationales Paar nicht das Recht hätte auch auf dem Land  oder nicht mal in Deutschland ein glückliches Leben zu führen. Als wir nicht Teil von dieser Gesellschaft sein dürfen, weil wir Queer sind, weil wir anders sind, weil wir bunt sind. 

Männer lassen die Motoren von alten Traktoren in unmittelbare Nähe unseres Zuhause laufen, manchmal bis zu einer Stunde und freuen sich. Unser Haus, Küche, Bad und Schlafzimmer riechen nach Dieselruß. Wir leiden unter Kopfschmerzen, Übelkeit und Sodbrennen. Wir müssen uns in unser Haus verkriechen. 

Die Behörden schützen uns nicht. Jahrelang zeigen wir alle diese Straftaten an. Und es passiert nichts. Die Bürgermeisterin von Nennhausen, Brigitte Noel,  leugnet unseren Fall und marginalisiert ihn als Nachbarschaftsstreit. Die Täter fühlen sich unantastbar und machen weiter. Für sie gibt es keine Homophobie und Rassismus in Nennhausen. 

Der Hass ist viel struktureller als wir dachten. 

Aber wir lassen uns nicht von Hass und Vorurteilen unterkriegen. Wir kämpfen weiter. Wir vernetzen uns und finden auf dem Weg Engel, die uns mit Tat und Rat unterstützen. Wir sind nicht allein. Wir alle sind nicht allein. Wir haben uns alle. Wir rufen euch auf, euch zu vernetzen und zusammenzuhalten. Nur zusammen können wir diesen Kampf gegen Ungerechtigkeit und Hass gewinnen und besiegen.

Die Gesellschaft hat nach der Wende versäumt die Menschen aus einem totalitären Staat in die freiheitliche Demokratie zu begleiten. Wenn die Bürgermeisterin von Nennhausen, nach etlichen homophob und xenophob motivierten Straftaten sich immer noch in die Aussage verbeißt: dass es in Nennhausen nie ein Problem mit Homophobie und Rassismus gab und unsere Briefe ignoriert, dann ist das für uns ein Zeichen dafür, dass, wir immer noch gegen gedankliche Strukturen ankämpfen müssen, die aus dem totalitären System der DDR und noch früher stammen. 

Wir fordern eine genauso intensive Aufarbeitung des DDR-Unrechts, so wie wir bereits gesehen haben, dass die Aufarbeitung des Nationalsozialismus unsere Gesellschaft gestärkt hat. Gerade wir als queere Persönlichkeiten sind ein Gradmesser für die Freiheit unserer Gesellschaft. Lasst uns diese freiheitliche Demokratie beschützen. Seit wachsam, passt auf euch auf, aber vor allem lasst uns füreinander einstehen, um eine inklusivere und tolerantere Gesellschaft zu schaffen.