Awarenesskonzept

Atmosphäre

Auf diesem CSD sollen sich alle Menschen/Gäste wohlfühlen und eine gute Zeit
haben. Awareness bezeichnet für uns Aufmerksamkeit für Situationen, in denen die Grenzen einer Person überschritten werden. Alle Arten von Grenzüberschreitungen, Übergriffigkeit und Diskriminierungen können dabei eine Rolle spielen. Solch ein Verhalten wird auf dieser Veranstaltung nicht toleriert. Unser Ziel ist es daher, dass sich alle Menschen unabhängig von Geschlecht, sexueller Identität, Hautfarbe, Herkunft, Aussehen und körperlichen Fähigkeiten auf dieser Veranstaltung möglichst wohl, frei und sicher fühlen können. Alle Personen mit einer lilanen Weste können angesprochen werden, wenn ein übergriffiges/grenzüberschreitendes und/oder diskriminierendes Verhalten beobachtet oder selbst erlebt wird. Eine Grenzüberschreitung muss keine explizierte Situation sein, sondern kann auch einfach ein ungutes Bauchgefühl sein.

Wir achten darauf, dass

  • die Bewerbung der Veranstaltung nicht sexistisch, diskriminierend oder exkludierend gestaltet ist
  • im Vorfeld von Veranstaltungen durch Workshops, Schulungen oder Weiterbildungsangebote für Teilnehmer*innen und Organisator*innen, um in der Vorbereitung das Thema »Awareness« fest zu verankern. Wichtig: die eigene kontinuierliche Weiterbildung und Schulung.
  • Präsenz und Aktivität auf Veranstaltungen, um bei Grenzüberschreitungen für Betroffene als
    Ansprech- und Vertrauensperson unterstützend da zu sein und einen geschützten Rückzugsraum von Konflikten zu stellen.
  • Reflektion und Auswertung nach Veranstaltungen, um sich gemeinsam mit den Organisator*innen über Probleme, Schwierigkeiten und Konflikte (oder Erfolge) auszutauschen und ggf. Verbesserungsvorschläge zu sammeln.

Struktur Vorort

  • Wir achten darauf, dass FLINTA* im Awareness Team sind.
  • Als Awareness Team besprechen und lesen wir den Leitfaden im Vorfeld der Veranstaltung.
  • Alle Menschen im Awareness Team sind nüchtern.
  • Wir sind für die Gäste erkennbar (lila Weste) und ansprechbar
  • das Awarness-Team geht aktiv auf Personen zu, die sich nach Einschätzung des Teams unwohl
    fühlen, um zu erfragen, ob alles in Ordnung ist und Hilfe oder Unterstützung anbieten.
  • Wir sprechen aktiv auffällige Personen an.
  • Als neutrale Ansprechpartner*innen zur Verfügung stehen, wenn sich Menschen auf
    Veranstaltungen unwohl fühlen
  • die Definition, ob eine Grenzverletzung und oder Diskriminierung vorgefallen ist, liegt einzig und allein bei der betroffenen Person.
  • Wenn sich eine Person aufgrund ihrer sexuellen Identität, Hautfarbe und/oder Herkunft etc. von einer anderen Person angegriffen und diskriminiert fühlt solltet ihr die betroffene Person
    unterstützen und euch ihr gegenüber parteilich verhalten.
  • Nach dem Kümmern um die betroffene Person ggf. auch in Kommunikation mit übergriffigen
    Personen zu treten, sofern das für die Teammitglieder physisch und psychisch sicher ist und für die Konfliktlösung sinnvoll erscheint.
  • Wir bieten einen ruhigen Rückzugsort an sowie kostenloses Wasser
  • Wir bieten an nach der Veranstaltung als Gruppe zusammen nach Hause zu fahren

Umgang mit konkreten Situationen

Person kommt zu uns

  • hören wir der betroffenen Person zu und nehmen sie ernst.
  • Wir erklären, dass in der Unterstützung nur das passiert, was die betroffene Person wünscht.
    Alles wird mit ihr abgesprochen.
  • Wir bieten Unterstützung an, z.B. ein Gespräch oder eine Möglichkeit, aus der Situation heraus
    zukommen. Wir fragen sie, ob sie sich zurückziehen möchte (z.B. in den Rückzugsraum).
  • Wir sind zurückhaltend mit Körperkontakt, es sei denn, er ist von der betroffenen Person
    ausdrücklich erwünscht.
  • Wir fragen die Person ob sie eine Vertrauensperson hinzuziehen möchte.
  • Wir sind vorsichtig mit Fragen. Die betroffene Person soll nicht das Gefühl bekommen, sich
    rechtfertigen zu müssen. Vielleicht ist ihr auch unangenehm oder peinlich, was passiert ist.
  • Wir lassen der betroffenen Person und uns viel Zeit (in Krisen ist „Tempo rausnehmen“ total
    wichtig).
  • Wir bieten Möglichkeiten konkreter Unterstützung an.
  • Wir beachten die Wünsche und Bedürfnisse der betroffenen Person und stellen unsere eigenen
    hinten an (wenn sie z.B. keinen Rausschmiss der beschuldigten Person wünscht, respektieren
    wir das. Wir sprechen es zudem mit der betroffenen Person ab, wenn wir vorhaben die Polizei
    zu rufen. Es ist wichtig, dass die betroffene Person die Kontrolle über die Situation hat.) Weitere
    Unterstützung kann z.B. sein:
  • Wenn die betroffene Person bleiben möchte, klären wir mit ihr, was sie dafür braucht. Vielleicht
    möchte sie, dass immer jemand in ihrer Nähe ansprechbar ist oder dass andere Leute der
    beschuldigten Person eine Ansage machen, die betroffene Person in Ruhe zu lassen oder das
    die beschuldigte Person die Veranstaltung verlassen soll.
  • Wir bieten an, dass die betroffene Person sich nicht selbst mit der beschuldigten Person
    auseinandersetzen muss, sondern dass dies jemand anderes für sie tun kann.
  • Wir bieten an, dass die beschuldigte Person die Location verlässt/Hausverbot bekommt, wenn
    dies gewünscht ist.
  • Wir bieten professionelle Unterstützungsmöglichkeiten / weiter führende Beratungsstellen an
  • Wir kümmern uns darum, dass die Person sicher nach Hause kommt (z.B. Taxi), wenn sie
    gehen möchte.

Definitionsmacht

Unter Definitionsmacht versteht man das Konzept, dass aufgrund von individuell verschieden erlebter und wahrgenommener Gewalt, nur von der betroffenen Person definiert werden kann, wann Gewalt anfängt, Grenzen überschritten werden und was als Gewalt wahrgenommen wird. Somit sollte auch das Benennen von Gewalt/einer Grenzüberschreitung durch die betroffene Person unter keinen Umständen infrage gestellt werden. Unabhängig davon, wie der Übergriff aussah oder wie ihr ihn vielleicht wahrgenommen habt: wenn die betroffenen Person es als Gewalt/Übergriff bezeichnet, ist dies unbedingt zu respektieren. Außerdem sollte der betroffenen Person auf keinen Fall durch z.B. Fragen nach Details des Übergriffs, ständiger Bitte um erneute Schilderung o.Ä. die Wahrnehmungsfähigkeit abgesprochen werden.

Parteilichkeit

Unter Parteilichkeit müsst ihr euch einen Handlungsgrundsatz vorstellen, welcher zu aller erst dafür da ist, der betroffenen Person Vertrauen zuzusichern. Dies ist besonders wichtig, da bei einem Vorfall, bei dem es zu grenzüberschreitendem Verhalten gekommen ist, Vertrauen meist verloren gegangen ist. Neben genommenem Vertrauen wurde auch ein zuvor als sicher empfundener Raum plötzlich zerstört. Diesen gilt es wiederherzustellen. Um dies zu schaffen, solltet ihr im wahrsten Sinne des Wortes Partei ergreifen, und zwar für die betroffene Person. Das heißt, ihr solltet euch auch innerlich auf die Seite der Person schlagen und dies konsequent und aktiv nach außen richten. Eine “neutrale” Haltung in einer solchen Situation ist praktisch nicht möglich und auch nicht sinnvoll. Sie schadet am Ende nur der betroffenen Person und schützt die beschuldigte Person. Denn jede Art der Hinterfragung oder auch nur “nett gemeinte” Nachfragen bringen die betroffene Person in eine Position, in der sie sich rechtfertigen muss und ihre Schilderung in Frage gestellt wird. Dies solltet ihr unter allen Umständen vermeiden! Solltet ihr merken, dass ihr euch nicht in der Lage fühlt, euch auf die Seite der betroffenen Person zu stellen und für sie Partei zu ergreifen, solltet ihr anderen Personen die Aufgabe übertragen und euch zurückziehen.

Person fällt unangenehm auf

  • Awareness Team geht aktiv auf Person zu und versucht sich durch ein Gespräch ein Bild zu
    machen
  • als Gruppe (consent) entscheiden ob wir eine Person wegschicken
  • bitten Person aufzuhören oder Veranstaltung zu verlassen

Nazis

  • mit Faschos wird nicht diskutiert, werden sofort der Veranstaltung verwiesen, über Mikro
    ansagen (Person beschreiben, erklären warum wir sie rechts einordnen (z.B.Tattoos, Szene-
    Kleidung etc.) und öffentlich der Veranstaltung verweisen) (Person abschirmen die über Mikro
    spricht, evtl. jemensch der sich sonst nicht in Brandenburg aufhält )

Person filmt die Veranstaltung

Vorher mit allen Anwesenden, die einen Stand haben, über Awareness sprechen und in diesem Kontext fragen, ob jemensch sich vorstellen kann folgendes zu übernehmen:

  • freundlich auf die Person zu gehen (wenn gewünscht vermummt (Maske, Sonnenbrille, Cap)),
    fragen wer sie ist, warum sie filmt etc.
  • freundlich darum bitten filmen zu unterlassen und schon entstandene Videoaufnahmen und
    Fotos zu löschen
  • wenn die Person das nicht möchte, so wirkt als ob sie es nicht tun wird, darauf hinweisen, dass
    sie rechtlich dazu verpflichtet ist auf Wunsch von gefilmten Personen Aufnahmen zu löschen, da
    es unter die Persönlichkeitsrechte fällt