Ich rede in dieser Rede von Queer- und Bifeindlichkeit und nenne kurz Statistiken zu sexualisierter Gewalt. Wenn du das nicht gut hören kannst, mache dir vielleicht Musik auf die Ohren oder entferne dich kurz von der Demo.
– pause –
Hättest du mich mit meiner Freundin gesehen, hättest du vermutlich gedacht, ich bin lesbisch.
Hättest du mich mit meiner als männlich gelesenen Beziehungsperson gesehen, hättest du vielleicht gedacht, ich bin straight.
Beides ist falsch.
Nicht nur misgenderst du möglicherweise die Menschen, die mir am Herzen liegen, nein, du machst auch mich und meine Sexualität unsichtbar.
Ich bin bisexuell. Ich bin queer.
Ich liebe und finde Menschen unterschiedlicher Geschlechter anziehend.
Nein, ich bin nicht trans*feindlich.
Ja, das Bi in Bisexualität steht für zwei, meint aber damit nicht Frauen und Männer, sondern gleich und anders.
Oder wie Robyn Ochs auch sagt:
I call myself bisexual because I acknowledge that I have in myself the potential to be attracted – romantically and/or sexually – to people of more than one gender, not necessarily at the same time, not necessarily in the same way, and not necessarily to the same degree.
For me, the bi in bisexual refers to the potential for attraction to people with genders similar to and different from my own.
Bisexualität ist keine Phase und wenn sie es doch für manche Menschen ist, die sich dann mit einem anderen Label wohler fühlen – so what? Das macht das sexuelle und emotionale Begehren von allen anderen bisexuellen Menschen nicht weniger valid.
Bisexuelle Menschen können, genauso wie monosexuelle Menschen in geschlossenen, offenen oder polyamoren Beziehungen leben, das geht nur sie etwas an.
Bisexuelle Menschen sind nicht untreu, gierig oder können sich nicht entscheiden.
Ich entscheide mich immer wieder – für einen Menschen.
Wenn ich mit einer Person bin, die du als männlich liest, macht mich das nicht weniger queer. Ich bin immer queer, egal mit wem ich zusammen bin – ob dir das passt oder nicht.
Wenn ich mit einer von dir als weiblich gelesenen Person zusammen bin, macht mich das nicht lesbisch, ich bin immer noch bi.
Queerfeindlichkeit ist für mich genauso schmerzhaft wie Bifeindlichkeit.
Von hetero Menschen diskrimininiert zu werden, fühlt sich für mich manchmal weniger schmerzhaft an, als von queeren Personen unsichtbar gemacht zu werden, meine Sexualität abgesprochen zu bekommen oder aus queeren Räumen ausgeschlossen zu werden.
Noch immer fühle ich mich unter monosexuellen Menschen weniger sicher, als unter bisexuellen Menschen, egal ob das meine Lezziefriends oder straighte Arbeitskolleg*innen sind.
Noch immer outen sich bisexuelle Menschen seltener als monosexuelle Menschen. Bisexuelle Frauen haben ein deutlich höheres Risiko, in ihrem Leben Opfer von Vergewaltigung, sexualierter und/oder körperlicher Gewalt und/oder Stalking durch eine*n Intimpartner*in zu werden als vergleichsweise heterosexuelle Frauen oder Lesben und leiden häufiger als andere sexuelle Minderheiten unter psychischen Erkrankungen1. Zu nicht-binären bisexuellen Menschen fehlen bislang noch Studien.
Immer wieder höre ich, ich muss mich entscheiden – dabei will ich das gar nicht. That’s the thing.
Ja, ich habe eine Präfenz für weiblich präsentierende Menschen, aber das macht meine Anziehung zu anderen Geschlechtern nicht weniger valid.
Ich liebe bunt – ich lebe queer.
Ich bin bi – und das ist wunderbar. Manchmal schmerzhaft, manchmal verwirrend – aber immer: echt.
1 Diese und weitere Studien finden sich in dem Buch „Bi – vielfältige Liebe entdecken“ von Julia Shaw.