Liebe Leute
Wir sind heute hier, um zusammen für ein solidarisches Brandenburg einzustehen. Ich freue mich über die zahlreiche Beteiligung und möchte euch allen herzlich danken. Eure Präsenz heute zeigt, dass Solidarität mehr ist als nur warme Worte. Zusammen solidarisch zu sein bedeutet, aktiv etwas zu tun, um uns gegenseitig zu helfen. Und das so viele queere Menschen und ihre Unterstützer*innen hier in Brandenburg Vielfalt sichtbar machen, ist ein wichtiger Akt der Solidarität.
Ich vertrete heute die AIDS-Hilfe Potsdam und möchte diese Gelegenheit nutzen, um euch zur Solidarität mit Menschen, die mit HIV leben, aufzurufen. Doch was bedeutet Solidarität mit Menschen, die mit HIV leben, im Jahr 2023? Es bedeutet zuallererst, die Realität der medizinischen Fortschritte in Bezug auf HIV und AIDS anzuerkennen.
Wenn jemand im Jahr 2023 eine HIV-Diagnose erhält, ändert sich eigentlich nicht viel. Die einzige Veränderung besteht darin, dass diese Person jetzt täglich eine Tablette einnehmen wird. Diese Medikamente haben in der Regel keine Nebenwirkungen und gewährleisten, dass ein Mensch mit HIV kein Aids bekommt. Menschen, die mit HIV leben, können ein genauso langes und gesundes Leben führen wie Menschen ohne die Infektion. Darüber hinaus sorgen diese Medikamente dafür, dass Menschen mit HIV das Virus nicht mehr übertragen können. Und jetzt nochmal für alle: Die Medikamente sorgen dafür, dass Menschen mit HIV das Virus nicht mehr übertragen können.
Nicht nur für HIV-Positive gibt es Fortschritte. Menschen ohne HIV können sich mithilfe von PrEP schützen. Doch was ist PrEP? PrEP steht für “Prä-Expositions-Prophylaxe” und sind HIV-Medikamente, die gesunde Menschen nehmen, um sich vor HIV zu schützen. Bei der AIDS-Hilfe Potsdam könnt ihr euch über PrEP informieren. PrEP wird von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt.
Neben dem Kondom gibt es heutzutage also 2 weitere Möglichkeiten, eine HIV Infektion zu verhindern. Mit der PrEP können sich gesunde Menschen vor einer HIV Infektion schützen und mit der HIV Therapie schützen Menschen mit HIV Gesunde vor einer Übertragung. Alle drei Methoden schützen gleich gut vor einer HIV-Übertragung. Zusammen nennen wir das Safer Sex 3.0
Es ist die Aufgabe von uns allen, dieses Wissen zu verbreiten und diesem Wissen zu vertrauen. Denn Unwissen führt zur Stigmatisierung von Menschen mit HIV. Im letzten Jahr hat die Deutsche Aidshilfe eine tolle Kampagne zum Welt Aids Tag gestartet. Leben mit HIV. Anders als
du denkst? Unter diesem Motto berichten Menschen mit HIV über ihr Leben und dass ihre Infektion sie im Alltag überhaupt nicht beeinträchtigt. Beeinträchtigt werden sie nur durch das Unwissen und die Stigmatisierung durch andere Leute. Z.b. beim Dating. Wie würdet ihr reagieren, wenn einer eurer Sex-Partner von Grindr euch erzählt, dass er HIV positiv ist. Würdet ihr ihn zurückweisen, weil ihr Angst habt vor einer Infektion, auch wenn diese Angst komplett unbegründet ist?
Angst vor Stigmatisierung führt dazu, dass viele Menschen sich nicht trauen, einen HIV-Test zu machen. In Brandenburg erfahren deshalb Menschen oft erst spät von ihrer HIV-Infektion. Je später jemand von seiner Infektion erfährt, desto höher ist das Risiko, dass die Person gesundheitliche Problem als Folge der HIV Infektion bekommt, weil sie keine Medikamente nehmen konnte. Außerdem besteht ein Risiko, dass die Person andere mit HIV infiziert hat. Was können wir tun, um die Bereitschaft zum Testen in Brandenburg zu erhöhen? Wir können die gute Nachricht verbreiten. Je mehr Menschen wissen, dass man mit HIV ein gesundes Leben führen kann, solange man Zugang zu Medikamenten hat und nicht mehr ansteckend ist, desto mehr Menschen trauen sich, einen Test zu machen. Außerdem können wir die Politik Aufforderung ihre versprechen einzuhalten! Im Koalitionsvertrag der Landesregierung steht, dass HIV-Test- und Beratungsangebote durch freie Träger wie die Aidshilfen ausgebaut werden sollen. Niedrigschwelliger Zugang zum Tessten ist wichtig, um Menschen zum Testen zu motivieren. Die Beratungsarbeit der Aidshilfen ist unabdingbar, um Wissen zu vermitteln und Stigma abzubauen. Wir wissen jetzt schon, dass wir im nächsten Jahr genauso wenig Fördergelder bekommen werden wie in den Jahren davor. Im Kontext der Preissteigerung der letzten Jahre, bedeutet das eine effektive Kürzung der Mittel und kein Ausbau wie im Koalitionsvertrag festgelegt wurde. Ich fordere daher die Politik und Verwaltung auf, sich mit uns zu solidarisieren und ihre Versprechen einzuhalten.
Auch die Ärztin*innen im Land Brandenburg fordere ich zur Solidarität auf. Denn auch Ärztin*innen reproduzieren falsche Vorstellungen von HIV und AIDS und tragen zur Stigmatisierung bei. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass es im gesamten Land Brandenburg nur eine HIV-Schwerpunktpraxis gibt. Das bedeutet, es gibt nur eine Ärztin in Brandenburg, die die Versorgung von Menschen mit HIV anbietet und auch nur diese eine Ärztin, die PrEP verschreiben kann. Dabei ist es gar nicht schwer, PrEP-Verschreiber*in zu werden. Wenn Ärzt*innen hier im Publikum sind, wendet euch an die AIDS-Hilfe Potsdam oder die Deutsche Aidshilfe und informiert euch, wie ihr PrEP-Verschreiber*in werden könnt. Und ihr, die hier sind, sprecht eure Hausärzt*innen darauf an. Wenn sie feststellen, dass die Nachfrage nach PrEP steigt, sind sie auch eher bereit, sich weiterzubilden. Auch fordere ich Ärztin*innen auf, den Zugang zu HIV-Testung zu erleichtern. Jede*r kann von HIV betroffen sein. Leider erleben viele Patienten Abweisung oder peinliche Befragungen, wenn sie ihre Ärztin*innen um einen HIV Test bitten. HIV Tests können über die gesetzliche Krankenkasse abgerechnet werden, trotzdem erleben viele Patienten Zurückweisungen, wenn sie bei ihren Ärzten*innen eine Test machen wollen.
Zu guter Letzt könnt ihr natürlich auch eure Solidarität zeigen in dem ihr euch ehrenamtlich in Aidshilfen engagiert. In Brandenburg gibt es bisher nur zwei Aidshilfen, die Aidshilfe Lausitz in Cottbus und uns, die Aidshilfe Potsdam. Fragt doch einfach mal bei einer der Aidshilfen nach, wie ihr euch einbringen könnt. Wir brauchen immer Unterstützer, zum Beispiel bei CSD Veranstaltungen wie heute, da kann jede*r uns unterstützen. Es gibt auch die Möglichkeit, uns bei unserer Präventionsarbeit in Schulen zu unterstützen. Es gibt viele Möglichkeiten sich zu engagieren, vielleicht kennen wir einige selber noch nicht, weil ihr euch mit euren Ideen einbringen könnt. Ich freue mich von euch zu hören und wünsche euch heute viel Spaß auf dem CSD denn Solidarität zeigen darf und soll auch Spaß bringen.